„Sand im Getriebe“? Klar, wenn es sein muss!

Friedliche Blockade vor der Messe in Frankfurt. Foto: Anke Okyere.

In Frankfurt findet derzeit die Internationale Automobil-Ausstellung (IAA) statt. Beim Besuchstag am ersten Messesonntag hat das Aktionsbündnis Sand im Getriebe eine Blockade an diversen Eingängen des Messegeländes organisiert. Ein Erfahrungsbericht.

Um die tausend Menschen versammelten sich am Sonntagmorgen vor den Messetoren, um der Autoindustrie und -lobby Steine in den Weg zu legen oder Sand ins Getriebe zu streuen. Das Ziel: autofreie Städte, mehr Platz für Rad- und Fußverkehr sowie gut ausgebauter öffentlicher Nahverkehr. Das Bild: MessebesucherInnen, darunter viele Familien, stehen am Südeingang Schlange, PolizeibeamtInnen bewachen hinter Absperrungen am Haupteingang die Messe. Auf den Treppen sitzen vor allem junge Menschen, einige tragen Maleranzüge und Mundschutz. Sie verteilen Flugblätter und versuchen, mit PassantInnen ins Gespräch zu kommen.

Als ich selbst einen Rundgang um das Gelände mache, was eine Stunde dauert, mache ich viele schöne, aber auch enttäuschende Beobachtungen. Mit silbernen Luftkissen blockieren die AktivistInnen den Eingang zur Tiefgarage, sodass kein Auto durchfahren kann. FußgängerInnen wird ein kleiner Spalt zum Erreichen der Messe freigehalten. Denjenigen, die den Spalt nicht finden und etwas orientierungslos wirken, weisen die AktivistInnen den längeren Weg über die Europaallee.

Mit Luftkissen blockieren AktivistInnen den Eingang zur Tiefgarage. Foto: Anke Okyere.

Zur Mittagszeit teilt die Volksküche an den Blockadepunkten Wasser, veganes Essen und Kaffee (mit dem Auto) aus. Ein Passant, der sich am Auto zunächst über die Aktion erkundigt, zückt flugs seinen Geldbeutel und spendet 100 Euro. „Das macht ihr richtig“, bemerkt er und geht weiter. Eine Stunde später erlebe ich eine unangenehme Situation. Die PolizistInnen beginnen, rund fünfzig Menschen am Südeingang einzukesseln. Darunter befinden sich einige junge SchülerInnen von Fridays for Future, wie ich nebenbei erfahre. Die Jugendlichen fragen, ob sie die Blockade verlassen dürfen, doch ihnen wird lediglich erlaubt, sich am Rand in den Schatten zu setzen. Dort müssen sie zwei Stunden warten, bis sie einzeln abgeführt werden. Die Polizei führt das gesamte Prozedere mit ihnen durch – von erkennungsdienstlicher Behandlung und Feststellung der Personalien bis zum Platzverweis. Ich frage einen Polizeibeamten, warum sie gerade die jungen Menschen festhalten. Daraufhin entgegnet er mir, dass er es gut fände, die Jugendlichen nicht einfach gehen zu lassen, es sei schließlich eine Erziehungsmaßnahme.

Indessen bemühen andere Umstehende und ich uns, die Jugendlichen durch die Einschaltung parlamentarischer BeobachterInnen, Information an den Ermittlungsausschuss, und Versorgung mit Wasser zu unterstützen. Nebenbei: als ich später einen Sixpack Wasser für die Blockierenden kaufe, bekomme ich vom Kioskverkäufer Rabatt. Solche Großzügigkeit und der Zuspruch rund um das Messegelände bleiben mir besonders im Gedächtnis. Trotz der unangenehmen Vorkommnisse ist der Tag sehr friedlich und solidarisch verlaufen.

Als Fahrradfahrerin schaue ich immer genauer auf die Verkehrssituation in Frankfurt. Dabei fällt mir zum Beispiel auf, dass Fahrradwege oft von Autos, Zulieferern oder Taxis belegt sind und Polder zwischen Rad- und Fußweg das Ausweichen für Radfahrende erschwert, falls es eng wird. Die Verkehrswende tut jetzt Not, damit wir dem Klima und uns selbst nicht schaden. Die junge Generation zeigt den Weg für eine sozial-ökologische Wende, den wir alle unterstützen sollten.

Über den Autor / die Autorin

Anke Okyere

Anke Okyere ist seit 1997 Mitarbeiterin des Info3 Verlages. Sie betreut den Anzeigensatz, die Kleinanzeigen und wirkt beim Layout der Zeitschrift mit. Sie lebt in Frankfurt/Main.