Jacob Böhme: Der Mensch ist das größte Geheimnis

Kamenz, Museum der Westlausitz: Posthumes Bildnis Jakob Böhmes (1575–1624); Portrait von Gottlob Glymann ohne Jahr
Kamenz, Museum der Westlausitz: Posthumes Bildnis Jakob Böhmes (1575–1624); Portrait von Gottlob Glymann ohne Jahr

Buch und Ausstellung: Alles in Allem. Die Gedankenwelt des mystischen Philosophen Jacob Böhme. Staatliche Kunstsammlungen Dresden.

Parallel zur gleichnamigen Ausstellung im Dresdner Schloss erschien im August 2017 ein qualitativ wie quantitativ anspruchsvoller Doppelband zu Jacob Böhme. Beides ist letztlich Ergebnis langjähriger Bemühungen verschiedener Kräfte, Böhmes Werk aus jenem Schatten zu holen, in welchem er lange Zeit dahindämmerte.

Grund dieser jahrzehntelangen Verdrängung – denn bis Mitte des 20. Jahrhunderts war er bekannter als heute – ist letztlich Böhmes „Ganzheitlichkeit“ oder „Integralität“, welche sich mit den Normen moderner instrumenteller Wissenschaft nicht fassen lässt. Gelingt es dieser neuen Ausstellung und Buchveröffentlichung, Böhme wieder lebendiger werden zu lassen?

Ja und Nein. Ja, weil Buch und Ausstellung einen so noch nicht dagewesenen Gesamtblick zu Böhme bieten. Das Grundgerüst dazu bilden sieben Begriffe, die – nach Meinung der Macher – zentral für Böhme waren: Natur, Finsternis, Schöpfung, Kosmos, Wiedergeburt, Licht und Freiheit. Nein, weil trotz aller scheinbaren Ganzheitlichkeit doch wiederum vorwiegend ein religiös-mystischer Blick auf Böhme geworfen wird. Dies zeigt sich bereits an der Auswahl der sieben Begriffe. Um dieser mystizistischen Sicht auf Böhme etwas entgegenzusetzen, hatte ich bereits vor Jahren im Wikipedia-Eintrag zu Böhme das zu viele Gerede um seine Gottesbegriffe durch seine beiden zentralen Kategorien „Freiheit“ und „Sophia als weibliche Weisheit“ ergänzen wollen. Die Freiheit hat man immerhin in den Text aufgenommen, die „weibliche“ Weisheit nicht. Und wenn man schon zentrale Begriffe bei Böhme herauskristallisiert, dann hätte man für ein modernes Verständnis statt „Finsternis“ und „Licht“ in heutiger Zeit doch besser „Mensch“ und „Liebe“ – die für ihn letztlich wesentlicher sind – nehmen sollen.

Wer ein erstes gutes Bild über Böhme mitsamt seiner Wirkung auf Kultur und Kunst bekommen will, dem seien das neue Buch und auch die Ausstellung dennoch empfohlen. Wer noch mehr von Böhme verstehen will, ergänze dies jedoch um die den Geist Böhmes noch besser treffende philosophische Romanbiografie, welche die Griechin Edith Mikeleitis bereits vor rund 50 Jahren veröffentlichte. Aus diesem ist auch die Überschrift dieses Textes entnommen. Man findet dieses einst sehr populäre Buch z.B. digital hier.

Alles in Allem. Die Gedankenwelt des mystischen Philosophen Jacob Böhme. Denken · Kontext · Wirkung Herausgeber: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Claudia Brink, Lucinda Martin, 196 Seiten, 124 farbige Abb., Sandstein Verlag 2017, € 18,- ISBN 978-3-95498-328-5. Auch als Bundle mit Textband für € 35,-

Über den Autor / die Autorin

Maik Hosang

Dr. Maik Hosang ist ist Philosoph, Zukunftsforscher und Sozialökologe und lebt in der Nähe von Görlitz.

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