Die rote Linie – Widerstand im Hambacher Forst

Der Dokumentarfilm “Die rote Linie – Widerstand im Hambacher Forst” stellt die Proteste gegen die herrschende Energiepolitik rund um das älteste Waldstück Nordrhein-Westfalens von 2015 bis 2019 auf ergreifende Weise dar.

Die “Hambacher Forst” genannte Waldfläche am rheinischen Braunkohle-Tagebau ist längst ein Symbol für den globalen Kampf um Klimaschutz geworden. In dem Film von Karin de Miguel Wessendorf wird deutlich, wie Klimaziele und politische Entscheidungen auseinanderklaffen und wie der Kampf um den kleinen Wald durch die Initiative vieler BürgerInnen weltweit Aufsehen erlangen konnte. „Es ist kein Film, der versucht, den Konflikt von allen Seiten gleich zu beleuchten, sondern es ist ein Film über den Widerstand“, so die Regisseurin in einem Interview mit dem WDR. Sie verfolgt die Frage, was Menschen dazu führt, Widerstand zu leisten. Das Ergebnis: ein eindrückliches Porträt über Menschen, die sich konsequent für den Erhalt des Waldes und den Braunkohlestopp einsetzen.

Das Symbol der „roten Linie“ wurde bereits bei den Pariser Klimaverhandlungen genutzt und eine Bürgerinitiative greift für den Hambacher Wald darauf zurück. Tausende von Menschen bilden eine Kette an der Grenze des Waldes, um für seinen Erhalt und gegen die herrschende Energiepolitik zu demonstrieren.

Der Hambacher Forst wird seit den 1970er Jahren von RWE für den Braunkohleabbau erschlossen und genauso lang ist die Geschichte des Widerstandes. Heute sind noch zehn Prozent des schützenswerten Waldes mit Stieleichen, Hainbuchen und Maiglöckchen erhalten. Dieses letzte Stückchen lebendige Natur versuchen BaumbesetzerInnen zu schützen, doch seit 2015 kommt es immer wieder zu gewaltsamen Konflikten bei Räumungen und Rodungsarbeiten. Die Regisseurin begleitet insbesondere vier Personen, um verschiedene Formen des Widerstands begreifbar zu machen. Dabei entsteht einerseits eine Chronik der Proteste, andererseits werden die inneren, emotionalen Entwicklungen der engagierten Personen spürbar. Ein Waldbewohner setzt seine Hoffnung auf den friedlichen Widerstand im Wald. Ein Waldpädagoge führt regelmäßig Menschen von außerhalb bei Spaziergängen durch den Wald und klärt über die laufenden Prozesse auf. Ein Bewohner eines anliegenden Dorfes gibt nicht nach, indem er als letzter Bürger in seinem Heimatort ausharrt, bis alle Häuser und der Dom für den Tagebau abgerissen werden. Eine Anwohnerin setzt sich mit einer Bürgerinitiative und einem Friedensplan auf politischer Ebene gegen den Kohleabbau ein.

Die Szenen erzählen von Bestürzung, Wut, Traurigkeit, Ohnmacht und Sprachlosigkeit. Und doch ist der Film alles andere als ein Dokument über die vermeintliche Sinnlosigkeit von Widerstand. Im Gegenteil: Die rote Linie bewegt konstruktiv die Frage nach zivilem Ungehorsam und Möglichkeiten menschlichen Handelns bei rigider Politik. Trotz aller negativen Entwicklungen geben die gezeigten Personen und Ereignisse Hoffnung auf Solidarität und auf die Kraft des gemeinsamen Willens für das Ende der Kohleindustrie.

Karin de Miguel Wessendorf
Die rote Linie –
Widerstand im Hambacher Forst. Thurnfilm-Produktion mit Co-Produktion des WDR, 2019.

Im Mai 2019 lief der Film in verschiedenen Programmkinos, ab dem 16. August ist er bundesweit für 19,95 Euro als DVD mit Bonusmaterial (Interviews und zusätzliche Szenen über den Protest) erhältlich.

Über den Autor / die Autorin

Andrea Kreisel

Andrea Kreisel hat Philosophie, Kulturreflexion und kulturelle Praxis an der Universität Witten/Herdecke studiert und ist seit 2019 Autorin bei Info3.